Trostbedürftig - Andacht März 2023

Hände
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„Was kann uns trennen von der Liebe Christi?“ Römer 8,35

Vor einigen Wochen werde ich zu einer Sterbebegleitung gerufen. Eine sehr alte Dame auf der letzten Etappe ihres langen Lebens. Sie atmet langsam durch den Mund, ihre Augen sind geschlossen. Ich spreche sie vorsichtig an, sage ihr, dass sie nicht alleine ist und keine Angst haben muss. Keine Reaktion. Dann bete ich für sie, zeichne mit Salböl sanft ein Kreuz auf ihre Stirn, singe leise „So nimm denn meine Hände.“ Nichts - Nur der stete, langsame Atem. Ist es das, was das Sterben und den Tod so angstvoll macht? Dieses Nicht-Mehr-In-Beziehung-Sein? Dieses Allein-Sein-Müssen? Ja, es ist so. Wenn ich tot bin, reißen mit meinem Lebensfaden alle Beziehungsfäden. Ich sinke in die Grube und ins völlige Alleinsein. Dieser Gedanke ist stark. Er fühlt sich unendlich traurig an. Denn neben Luft, Wasser, Brot und Obdach sind sie die Lebensmittel meines Lebens: Die Beziehungen zu den Menschen, die ich liebe. Und ob ich schon wanderte im finstersten Tal, will ich sie nicht verlieren, um nichts in der Welt. 

Das Evangelium ist vor jeder Theorie vor allem eines: Trost. In der Passionszeit wird mir ganz besonders bewusst, wie trostbedürftig ich bin. Im Angesicht des Kreuzes berühren mich die weltweiten Schreckensbilder noch einmal mehr: Trauernde Angehörige an den Gräbern ihrer Liebsten; die Mutter Jesu, den gekreuzigten Sohn auf dem Schoß. In all dem spüre ich, was unausweichlich auf mich zukommen wird. Und trotzdem ist da Trost. Da ist die Verbindung, die bleibt. Der Beziehungsfaden, der niemals reißt. Die Verheißung, die nicht stirbt. Gott hält durch. Gott hält mit mir durch und trägt mich mit Christus in sein Leben. Das ist Liebe. Nichts kann mich von ihr trennen. Gott sei Dank.

Pfarrer Daniel Wanke, Lukas-Gemeinde