Kampf um Worte - Andacht November 2022

Hände
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Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen!
Jesaja 5,20


Es ist der 1. Oktober 2022, ich lese den Monatsspruch für November, im Radio ein Bericht über die russische Annexion der besetzten Gebiete in der Ukraine, über
das russische Veto gegen die UN-Resolution, die diese Annexion als Bruch des Völkerrechts verurteilt. In der Ukraine und in Russland tobt neben allem Blutvergießen
ein Informationskrieg. „Referenden“ wurden abgehalten, sagt Russland, über den Beitritt zur russischen Föderation. Worte, die ihres Wahrheitsgehaltes beraubt
wurden. Nur in Anführungszeichen zu ertragen. „Militärische Spezialoperation“, „Referendum“. Da werden Menschen zur Lüge gezwungen, in Lügen gefangen
gehalten. In einem Informationskrieg ist die Wahrheit das erste Opfer. Dann wird das Böse plötzlich gut und das Gute einfach Böse genannt. Licht und Finsternis
gegeneinander vertauscht. Süßes oder Saures?

Kampf um Worte. Immer wieder. Menschen, die sich selbst in ihre Lügen eingesponnen haben, sie nun für wahr halten. Fake News, alternative Fakten, Worte
in Anführungszeichen. Jesaja ruft laut: „Weh denen, die solches tun!“ Aber die haben längst ihre Ohren zugestopft vor der Mahnung. „Weh denen!“ Warum tickt
unsere Welt so? Immer schon - so, dass Gottes Protest nötig wird? Zum Ende jedes Kirchenjahres werden wir an unsere Verantwortung erinnert, Licht und Finsternis,
Gut und Böse nicht zu verdrehen oder verdrehen zu lassen. Und wo das geschieht, einzuschreiten. Am Friedhof ist es zu spät, um Verdrehtes wieder zurechtzurücken
und Friedenswege miteinander zu finden. November – Monat der Mahnung zum Frieden. Wohl denen, die sich davon berühren lassen.

Pfarrerin Eva Siemoneit-Wanke