Neun Uhr schlägt die Uhr draußen am Kirchturm, drinnen im Saal der Heilig-Geist-Kirche klappern Tassen, mischen sich Stimmen. 45 Menschen haben an der großen Tafel Platz genommen, aber es kommen gerade noch neue Gäste. Heute sitzt Inna Ivantsova mit in der Runde. Während Aleksander, ihr dreijähriger Sohn, hochkonzentriert seinen Joghurt löffelt, erzählt seine Mutter, dass sie mit drei Kindern aus Odessa nach Fürth geflohen ist und die Mädchen gerade in der Schule sind. An diesem Dienstag ist sie zum zweiten Mal beim GeH-Hin-Frühstück. Es tut ihr gut, hier zu sein, erzählt sie lächelnd, denn es geht nicht nur um etwas zu essen. Sie fühlt sich willkommen und sie kann ihre Freundin Yuliya Zhadik treffen und andere Landsleute.
Dass sich die Gäste wohlfühlen und willkommen, ist Horst Behringer wichtig, der mit seinem Team für die Bewirtung sorgt. Mehr als zwei Drittel im Saal sind geflüchtete Menschen aus der Ukraine, schätzt der 65-Jährige. Und er ist froh, dass das Miteinander am Frühstückstisch zwischen den Fürther Gästen und den Geflüchteten ohne Spannungen gelingt. Das gefällt auch Carmen Müller, die sich schon seit Jahren ehrenamtlich engagiert. Bereits um 7:30 Uhr beginnen sie und die anderen mit den Vorbereitungen: Sie decken die Tische mit Geschirr und Besteck, stellen Blumen dazu, kochen Kaffee. Wenn sich um 8:30 Uhr die Tür des Saals für die Gäste öffnet, sind im Handumdrehen alle Plätze belegt. Für heute hat Carmen Müller einen Schoko-Nuss-Kuchen gebacken und bietet ihn reihum an. „Möchten Sie ein Stück?“, fragt sie eine junge Frau, die ihre Sonnenbrille in die Haare geschoben hat. „Ja“, nickt diese. Noch reicht der Wortschatz nicht für ein Gespräch auf Deutsch. Da ist es gut, dass Tanja Knorr zum Team gehört. Sie kann Russisch, das auch viele Ukrainer sprechen, und kann so als Übersetzerin zur Verständigung beitragen.
Als das Team im Februar nach der Corona-Zwangspause wieder im kleinen Rahmen anfing, kamen zunächst nur 12 Leute. Anfang April standen dann schlagartig 60 Menschen vor der Tür. Auch wenn es manchmal ein Kraftakt ist, „ich möchte anderen helfen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen“, erklärt Horst Behringer. Doch er sieht auch Grenzen: „Wenn wir wieder einen Mittagstisch wie vor Corona anbieten wollen, dann brauchen wir mehr Leute im Team.“ Und mit Blick auf die Ausgabe der Fürther Tafel im Erdgeschoss, vor der sich mittlerweile schon eine lange Schlange gebildet hat, wünscht er sich mehr Anerkennung von Seiten der Stadt für das, was ehrenamtliche Kräfte in der aktuellen Situation leisten. „Da könnte ruhig mal jemand aus dem Rathaus vorbeikommen und sich bei ihnen bedanken.“
Ute Baumann