"Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen." Epheser 4,26
Soviel Zorn? Mitten in der Faschingszeit, wo eigentlich das Lachen angesagt sein sollte? Wer zürnen oder lachen kann, hat Kontakt zu den eigenen Emotionen. Für die Seelenhygiene müssen sich unsere Gefühle einen Weg an die Oberfläche bahnen dürfen. Man kann sich darin üben, das kontrolliert zu tun und eben nicht gleich in die Eskalationsstufe zu geraten.
In einer digital enthemmten Welt ist das gar nicht mehr einfach. Die „große Gereiztheit“ in einer Erregungs- und Empörungsgesellschaft (so B. Pörksen) findet immer schwerer Wege, mit dem eigenen Zürnen kontrolliert umzugehen. „Zürnt ihr, so sündigt nicht“. Auch in der Bibel ist Zürnen erlaubt. Jesus konnte vor Wut schnauben und toben. Allerdings haben wir das gerne in den Übersetzungen wegretuschiert und haben gelernt, Zorn als unchristlich zu verurteilen. Erinnern Sie sich aber nur mal an die Szene, als Jesus wutentbrannt die Tische der Händler im Tempel umstößt. Es gibt so etwas wie den heiligen, den gerechten Zorn. Zorn also, der mit tiefer Leidenschaft kämpft für eine Sache, einen Menschen. Es ist liebender Zorn. Er ist im Einsatz für den anderen und für Gott. Nicht aber, um ein gekränktes Ego zu rächen. Wer zürnt darf nie die Liebe vergessen, sonst gerät er oder sie in eine Rage, die den anderen nur noch vernichten will. Im Netz ist das einfach: Hassrede, digitaler Pranger, Vernichtungsfeldzüge
mit wenigen Klicks.
Dann sind wir mittendrin – im Sündigen. Wenn Gott zürnt, dann für das Leben. Und sein heilig-zürnender Einsatz für Gerechtigkeit, Liebe und Frieden kann nicht warten. Noch vor Sonnenuntergang gilt es, das Leben zu retten: So soll sich etwas verändern. Dann aber soll es wieder gut sein. In meinen Träumen dagegen darf sich der Zorn nicht festsetzen. Er würde mich sonst zu einer ewig Gekränkten machen, die im schlimmsten Fall gar nicht aus ihrer Opferrolle herauskommen will.
Eva Siemoneit-Wanke