„Gott lieben, das ist die allerschönste Weisheit.“
Sirach 1,10
Die allerschönste Weisheit – das ist eine sehr eigenwillige Formulierung. Kann denn Weisheit schön sein? Weisheit ist doch etwas Abstraktes, ich kann sie weder sehen noch anfassen. Wie kann sie also schön sein? Mir gefällt dieser Bibelvers aus dem Buch Sirach trotzdem, gerade weil er so ungewohnt ist. Mir fällt dazu ein, was der Theologe Fulbert Steffensky einmal in einem Interview gesagt hat: „Man kann auf Dauer nur an etwas glauben, das man schön gefunden hat.“ Da ist es wieder, das Wort „schön“ im Zusammenhang mit dem Glauben. Und es ist ja tatsächlich so: wenn ich eine Tätigkeit liebe, Radfahren, Tanzen oder Kochen, dann finde ich sie schön, egal ob ich auf dem Fahrrad schwitze oder beim Kochen rote Finger bekomme von den Rote Beeten. Und wenn ich jemanden liebe, finde ich ihn oder sie auch schön, anziehend und attraktiv. Diese Art von Schönheit ist also gar nicht unbedingt etwas von außen Sichtbares, sondern eine Folge der Zuneigung.
Wenn ich mich auf liebevolle Weise Gott zuneige, dann kann ich auch in dieser Beziehung Schönheit erleben: das bunte Glasfenster in einer Kirche, eine Zeile aus einem Choral, die Stille an einem abendlichen See, ein altes Gebet. Soviel allerschönste Weisheit! Vielleicht entdecken Sie in diesen leuchtenden Sommertagen da und dort etwas von dieser allerschönsten Weisheit des Glaubens.
Ute Baumann